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  • AutorenbildLukas Moesch

Behind the Shot - Milchstrasse am See


Ein schönes Bild der Milchstrasse aufzunehmen ist auch mit der heutigen Technik noch immer eine Herausforderung, speziell wenn eine hohe Qualität angestrebt wird.

Wie ich mein bisher anspruchsvollstes Projekt realisiert habe und mit welchen Tücken ich zu kämpfen hatte, erfährst du in diesem Blogpost. Viel Spass beim lesen.


Milchstrasse am See - Belichtung total 2h11min

Grundsätze in der Sternenfotografie


Um den Sternenhimmel in seiner ganzen Pracht zu fotografieren, bedarf es einiges an Know-How, doch die neuste Kameratechnik leistet hier bereits gute Dienste. Willst du jedoch ein rauscharmes Bild, welches sich auch für grossformatige Drucke eignet, dann wird es auch im Jahr 2023 noch kompliziert. Es reicht nicht aus, deine Kamera auf ein stabiles Stativ zu packen und den Auslöser zu drücken. Faktoren wie die Erdumdrehung, die Lichtverschmuzung und vorbeiziehende Wolken erschweren dir fortlaufend das Leben und hindern dich an einer einfachen Lösung.

Zwei dieser Faktoren lassen sich glücklicher Weise mehr oder weniger umgehen. Mit einer gut geplanten Tour an einen sehr dunklen Ort, stört dich die Lichtverschmutzung nur noch ganz minim und du erlebst selbst in der Schweiz wie das Sternenlicht einen ganz schwachen Schatten wirft.

Der zweite Faktor ist das Haupthindernis für diene Verschlusszeit. Du hast vielleicht selber schon probiert den Sternenhimmel zu fotografieren und hast dich gewundert wieso bei 30 und mehr Sekunden die Sterne als Striche dargestellt werden, habe ich recht?

Nun die Erdrotation wird uns nirgendwo klarer als beim Fotografieren des Sternenzelts, denn sie beschränkt die maximale Verschlusszeit mit der wir die Sterne noch punktförmig abbilden können. Je länger die Brennweite, desto schneller spürst du den Effekt. Doch selbst mit 12-14mm Brennweite an einer Vollformat Kamera ist bei 30 respektive 25 Sekunden Schluss. Je mehr Megaixel deine Kamera hat, desto früher erkennst du diesen Effekt beim heran zoomen der Sterne auf dem Display.

Zum guten Glück gibt es hierfür sogenannte Star-Tracker, sprich Sternennachführungen. Diese gleichen die Erdrotation aus und ermöglichen dir Aufnahmezeiten von mehreren Minuten. Auch spezielle Software kann diese Arbeit übernehmen in dem du 5-20 Bilder durch sie verarbeiten lässt. Am Ende erhältst du ein entrauschtes Bild mit einer erhöhten Qualität. Die Kombination aus "tracken und stacken" liefert dir das best Mögliche Endergebnis.

Der einzige Faktor der immer ein Thema bleibt, sind die Wolken. Ganz egal ob hohe, mittelhohe oder tiefe Wolken, sie stören und blockieren unseren Blick ins All und lassen sich nicht umgehen. Doch nebst den Wolken gibt es auch andere Störfaktoren in unserer Atmosphäre die unseren Blick in All einschränken. Dir kommen sicher gleich die vielen Flieger und Satelliten in den Sinn, oder?

Natürlich haben auch diese kleinen Lichter einen Einfluss, sie lassen sich jedoch mit geringem Aufwand entfernen. Ein viel grösseres Problem sind Störfaktoren wie Saharastaub oder Asche-Partikel die in der oberen Atmosphäre unterwegs sind und uns einen milchigen Himmel bescheren. Häufig siehst du diese Störschicht von blossem Auge kaum, doch auf den Bildern der Kamera wird es umso deutlicher wieviele Details dadurch verloren gehen.

Um den dritten Faktor in den Griff zu bekommen, musst du so gut wie nur möglich planen, das Wetter studieren oder mehrere Versuche auf dich nehmen.



Milchstrasse am See - 2x90sek für den Himmel + Vordergrund

Wieso der Aufwand?


Mein Bild "Milchstrasse am See" besteht, wie du evtl. oben schon gelesen hast, aus über 2 Stunden Belichtungszeit. Oberhalb dieses Textes siehst du eine weitere Version aus der selben Nacht die praktisch den selben Ausschnitt darstellt wie das Bild um das es in diesem Post geht. Was unterscheidet die beiden Bilder denn aber so sehr und wie um alles in der Welt komme ich auf die Idee über 2 Stunden die Sterne zu belichten?


Die Antwort lautet - Grenzen suchen und maximale Bildqualität erreichen!

Ein normales Bild der Milchstrasse an einem Bergsee gibt es hundert, wenn nicht tausendfach. Die meisten dieser Aufnahmen sind jedoch als Einzelbelichtung oder als nachgeführte Aufnahme mit einer weitwinkligen Brennweite aufgenommen worden. Somit ergeben sich Auflösungen von 12-60 Megapixel bei diesen klassischen Aufnahmen. Nur ganz wenige Astrofotografen arbeiten im "Mosaik Stil" und noch weniger von Ihnen versuchen dabei auch ansprechende Vordergründe in ihre Bilder zu integrieren. In den meisten Fällen siehst du hier aber schnell, dass der Hauptbereich dieser Fotografen die Sterne sind und nicht unbedingt die Kompostions-Ansprüche eines Natur- und Landschaftsfotografen im Vordergrund stehen.

Welche Auflösung meine Aufnahme "Milchstrasse am See" am Ende erzielt hat, liest du ganz unten im Beitrag.


Der Weg zum Bild


Als ich dann in der Nacht vom 15. Juni diesen Bergsee erreichte, war für mich klar, dass ich in dieser Nacht etwas spezielles probieren will. So richtete ich meinen Sternentracker ein, schoss ein paar Testaufnahmen um die Genauigkeit meiner Ausrichtung zu überprüfen und montierte mein 24-120mm Objektiv auf 70mm eingestellt.

Der "Mosaik Stil" den ich bereits angetönt habe, ist im Grunde nichts anderes als das Aufnehmen von verschiedenen Bildern für eine Panorama Aufnahme, nur halt für den Sternenhimmel. Mit 70mm Brennweite bewege ich mich hier schon gut in diesem Bereich, denn alleine um das galaktische Zentrum aufzunehmen sind vier Aufnahmen (Panel) nötig!


Du merkst also, dass die gewaltige Belichtungszeit von 2h11min nicht auf eine einzelne Aufnahme konzentriert, sondern vielmehr auf eine grosse Zahl an einzelnen Belichtungen verteilt ist. Insgesamt habe ich 87 Aufnahmen angefertigt, geplant waren sogar 146 à 90sek. Leider dauerte das Einrichten zu Beginn etwas lange und auch das Verstellen zwischen den einzelnen Panels dauerte länger als gedacht. So musste ich nach den ersten Aufnahmeserien zweimal die Anzahl Aufnahmen je Panel reduzieren.


Wie das Ganze in Adobe Bridge aussieht, siehst du hier:


Die gesamte Bildsammlung in Adobe Bridge

Die grösste Schwierigkeit bei dem gesamten Projekt bestand darin, im richtigen Zeitpunkt die Spiegelung aufzunehmen. Ich wollte unbedingt eine natürliche Reflektion der Sterne auf dem Bergsee und dafür musste ich die Arbeit an den einzelnen Himmels Panels im richtigen Moment unterbrechen. Obwohl der See genau zu dieser Zeit nicht ganz ruhig war, konnte ich genügend Aufnahmen machen um diese am Ende zusammen zu fügen.

Ebenfalls ein Hindernis stellten die Bergkulisse dar, denn dort wo ich die Milchstrasse im finalen Bild platzieren wollte, steht sie komplett frei. Aus diesem Grund war es essentiell zuerst den Teil aufzunehmen der im Laufe der Nacht hinter der rechten Bergkuppe verschwindet. Als aller letztes konnte ich knapp vor der Morgendämmerung den linken Teil belichten. Da dieser sehr spät sichtbar wurde, reichte es nicht um ihn mit der angestrebten Menge an Belichtungszeit einzufangen. Zuletzt blieb noch genügend Zeit für den Mittelgrund, den ich erst in der Astronomischen Dämmerung aufnehmen konnte.


Die gesamte Planung + die Aufnahme vor Ort nahmen um die 6 Stunden in Anspruch.


Arbeit am Computer


Alles in allem beläuft sich die aufgebrachte Zeit am Computer auf gute 4 Stunden.


Als erstes werden die fertigen Panels werden am Rechner zusammengefügt und dadurch entrauscht. Erst wenn jedes Panel mittels Starry Landscape Stacker bearbeitet ist, geht es ans zusammenfügen der einzelnen Teile. Mir ist durchaus klar, dass es für diesen Anwendungszweck fortgeschrittenere Tools und Software gibt, aber diese sind extrem komplex und sprengen meine aktuell zur Verfügung stehende Zeit. Dennoch bin ich enorm überrascht wie gut diese "einfache" Variante funktioniert hat. Auch die Unterschiede in der Bildqualität aufgrund unterschiedlicher "Panelstärke" fällt im Endergebnis kaum auf.

Allenfalls versuche ich mein Glück im Juli noch einmal, da sind die Nächte länger und es bleibt etwas mehr Zeit um genügend Licht zu sammeln ;-)


Die folgenden beiden 200% Ausschnitte, ohne sonstige Bearbeitung, verdeutlichen den Effekt den das Stacken mit sich bringt. Die Details und Farben werden um einiges verstärkt und erlauben dadurch eine feinere Nachbearbeitung. Der leichte Grünstich der Aufnahmen wird von schwachem Airglow verursacht. Am Ende siehst du die EXIF Daten mit denen alle 87 Bilder aufgenommen wurden.




Das stitchen der Panels erledige ich mit der speziellen Panorama Software PTGui, was die meiste Zeit der gesamten Bearbeitung in Anspruch nimmt. Leider erkennt diese Software Sterne nur sehr bedingt und es bedarf einiger Handarbeit bis alles nahtlos zusammenpasst. Nachdem am Ende jeder Übergang sitzt, sieht das Pano für den Himmel so aus:


Fertiges Panorama der Milchstrasse 1h47min Belichtung

Zur gleichen Zeit setze ich in Lightroom und Photoshop den Mittelgrund und die Spiegelung zusammen, was wesentlich schneller geht als der Sternenhimmel. Diese beiden Teile habe ich bewusst grösser aufgenommen als ich es am Ende gebraucht habe. Auf diese Weise konnte ich mir etwas mehr Flexibilität aufrecht erhalten und am Ende den Himmel an der richtigen Stelle einfügen. Die "überschüssige" Landschaft wurde am Schluss beim finalen Beschnitt entfernt.


Mittelgrund + Spieglung 24min Belichtung

Die finale Bearbeitung stellt nun noch die letzte Hürde dar und erfordert viel Feingefühl um die Farben und Kontraste gekonnt hervorzuheben. Dieser letzte Schliff gibt dem Bild seine endgültige Wirkung und vollendet den Entstehungsprozess von "Milchstrasse am See"

Hier das Vorher / Nachher:




Wie du siehst war da wirklich viel an Planung nötig und auch vor Ort musste alles zu 100% passen. In dieser Nacht war das Glück auf meiner Seite und es blieb komplett wolkenlos. Ohne dieses Wetterglück wäre mein Bild nicht fertig geworden. Nun bin ich jedoch überglücklich mein erstes Riesen Pano der Milchstrasse realisiert zu haben und ich plane definitiv weitere Motive auf dieselbe Art festzuhalten.

Das finale Bild glänzt mit einer sagenhaften Auflösung von 392.7 Megapixeln und eignet sich Ausdrucke jenseits der zwei Meter Marke.


Falls du auch gerne lernen möchtest wie man solche Aufnahmen plant und umsetzt, empfehle ich dir meine Fotoreise nach Teneriffa. Hier sind wir an einem der besten Orte für die Milchstrassenfotografie stationiert und werden in 4-5 Nächten die Geheimnisse unserer Galaxie entdecken. Da es rund um den Teide sehr selten Wolken und noch weniger Lichtverschmutzung gibt, ist diese Insel der perfekte Ort um zu lernen wie du die Milchstrasse am besten einfängst. Egal ob Anfänger oder Fortgeschrittener Sternenjäger, du bist in jedem Fall herzlich Willkommen! Dich erwartet zudem ein einmaliger Mix aus wunderbarer Flora, einer Vulkanlandschaft der Extra-Klasse und wilden Küsten.

Weitere Infos findest du hier: Teneriffa 2024 - Blumen, Sterne und Vulkane

Falls du noch Fragen hast oder unsicher bist, erreichst du mich jederzeit via:


Nun wünsche ich dir einen wunderbaren Sommer und hoffe das du 2023 noch richtig viel Sternenstaub vor die Linse bekommst!



Allziit guet Liecht und liebi Grüess, Lukas






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