Nebelwellen - Ein Wunder der Natur
- Lukas Moesch
- 24. März
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 24. März
Wohl die meisten Bewohner des Schweizer Mittellands schauen der alljährlichen Nebelsaison mit eher gemischten Gefühlen entgegen. Die klassische "oben blau - unten grau" Wettersituation verspricht eine hängende Nebeldecke und das teils über Tage, ja in seltenen Fälle sogar über Wochen hinweg. Für Fotografen bietet diese Wetterlage aber eine fantastische Möglichkeit, es bilden sich an einigen Stellen wunderschöne Nebelwellen. Und genau um dieses Phänomen geht es im heutigen Blog.

Bevor wir in das Thema Nebelwelle einsteigen, stellt sich die Frage:
"Was ist Nebel?"
Von Nebel spricht man ab dem Moment, in dem die Sichtweite weniger als 1000m beträgt.
Nebel ist im Grunde nichts anderes als eine Wolke, lediglich mit dem Unterschied, dass diese auf dem Boden aufliegt. Nebel ist also immer dort, wo wir uns am Boden stehend in einer Wolke befinden. Dabei spielt die Höhe der Wolke erstmal gar keine Rolle. Als kleines Beispiel: Wir stehen als begeisterte Bergwanderer in luftiger Höhe und werden plötzlich von Nebel umhüllt. Beobachtet uns dabei jemand vom Tal, so sieht es von dort aus, als stünden wir in einer Wolke. Diese Person denkt wohl kaum an Nebel. Die Position des Betrachters verwandelt also in einigen Fällen eine Wolke in Nebel.
Abgesehen von diesem Umstand sind Wolken und Nebel immer dort zu finden, wo die realtive Luftfeuchtigkeit 100% beträgt und sich das Wasser bei weiterem Auskühlen nicht mehr in der Luft halten kann und kondensiert. Dies passiert beim Auskühlen von einer bereits recht feuchten Luftmasse sehr schnell. In den Wintermonaten entsteht in der Schweiz zudem häufig eine Inversionslage. Dabei liegt die Temperatur in den niedrigen Lagen unter denen der höher gelegenen Lagen. Diese Inversion stellt sich speziell in Hochdruck Wetterlagen ein und kann über Tage bis Wochen halten. In dieser Zeit kondensiert das Wasser aufgrund der stetig kühler werdenden Luft und es bildet sich Nebel/Hochnebel. Solange es keine Durchmischung dieser tiefen und der höheren Luftschicht gibt und auch die Sonne nicht genügend Wärme produzieren kann, löst sich der Nebel nicht auf. Wie hoch die Obergrenze liegt wird durch den Luftdruck und den Einfluss von Wind bestimmt und ist eine der am schwersten vorherzusagenden Variablen überhaupt.
Nun zu den Wellen und ihrer Entstehung...
Damit es Nebelwellen gibt, braucht es gewisse Voraussetzungen, die Obergrenze des Nebels und die Topographie der Landschaft spielen dabei sehr entscheidende Rollen. Denn die Obergrenze des Nebels bestimmt massgeblich, an welchen Orten der Nebel die Topographie überfliessen kann. Die Topographie hingegen gibt dem Nebel die Richtung vor und führt überhaupt erst zum Entstehen der wunderschönen Wellen.
Die Darstellung unten zeigt die ideale Topographie für das entstehen schöner Nebelwellen.

Wie gut zusehen ist, benötigt es zum einen die steile Geländekante auf der Wind zugewandten Seite und zum anderen ein eher abflachendes Gelände auf der Lee-Seite. Es gibt einige Standorte, an denen die Nebelwelle auf Grund dieser "Bedingung" ausschliesslich in eine Richtung schön fliessen können und sich in die andere Richtung direkt auflösen.
Weshalb braucht es nun aber diese Geländeform?
Dafür gibt es natürlich eine Erklärung. Luft verändert ihre Temperatur abhängig von der Höhe. Man spricht dabei von Unterschieden zwischen 0.65 - 1 Grad Celsius pro 100 Meter. Bringen wir zum Beispiel ein Luftpaket von 1200m auf eine Höhe von 800m, dann erwärmt sich die Luft beim absinken somit um etwa 2.6-4 Grad. Mit diesem Temperaturanstieg ist die Luftmasse plötzlich in der Lage, mehr Feuchtigkeit aufzunehmen. Dadurch kann sich der Nebel auflösen. Steigt die Luft hinterher wieder an, kondensiert das Wasser und der Nebel bildet sich erneut. Je schneller dieser Prozess des Absinken auftritt, desto eher löst sich der Nebel komplett auf. Aus diesem Grund fliessen Nebelwellen nur bei der oben dargestellten Topographie. Hier passiert die Abkühlung recht langsam und die Luft fällt nicht im freien Fall.
Als weiterer Faktor spielt der Wind eine grosse Rolle. Weht er aus der falschen Richtung, haben es die Wellen schwer. In der Schweiz ist die Bisenlage die ideale Voraussetzung für Nebelwellen. Hierbei weht der Wind aus nordöstlicher Richtung, perfekt um durch das Mittelland zu ziehen und über die Jurakette zu strömen. Dieser Wind befördert in den kalten Monaten darüber hinaus noch zusätzliche kalte und feuchte Luft in die Schweiz, was die Bildung von Nebel weiter unterstützt.
Wie uns die Grafik oben zeigt, hat der Wind zudem die Eigenschaft das Nebelmeer in der Höhe zu beeinflussen. Strömt der Wind an einen steilen Hang, dann stösst er nach oben weg. Diese Bewegung kann sich auf das Nebelmeer übertragen und es dort leicht anheben. Dieser Effekt führt zum Teil dazu, dass die Topograhpie trotz niedriger angesagter Nebelobergrenze überströmt wird. Somit gelingen an vielen Orten die schönsten Bilder, wenn die Nebelgrenze theoretisch um einige Meter zu niedrig liegt. Stehen wir zum Beispiel auf der Belchenflueh (1099m.ü.M) und die Nebelobergrenze liegt auf 1000m, dann steht man aufgrund dieser Anhebung in den meisten Fällen im Nebel. Besser ist eine Obergrenze um 900-950m.
Hat man einmal die richtigen Orte entdeckt, dann heisst es die richtige Nebelhöhe für die "perfekte Welle" herauszufinden. Dabei gibt es leider keine immer währende und korrekte Antwort. Sowohl der Wind wie auch Luftdruck und Temperatur können Einfluss auf den Nebel und seine Bewegung haben und somit die Bewegung beeinflussen.
Wie fotografiert man Nebelwellen am besten?
Auch hier gibt es wie so oft in der Kunst keine richtige und keine falsche Antwort. Am Ende gefällt jedem ein anderer Gesamteindruck der Szene.
Für mich persönlich gibt es jedoch zwei Arten eine Nebelwelle zu fotografieren.
Variante 1:
Die Fliessbewegung des Nebels durch den Einsatz von langen Verschlusszeiten sichtbar zu machen ist mein Favorit. Das gelingt am besten mit Verschlusszeiten ab ca 10-15 Sekunden. Nach oben sind dabei keine Grenzen gesetzt, den maximalen Effekt erhält man aber bereits mit 30-60 Sekunden. Zulange Verschlusszeiten können jedoch die feinen Strukturen in der Welle "verwischen" und ein eher langweiliges Bild zum Resultat haben.
In der Morgendämmerung lassen sich solche Aufnahmen ohne zusätzliche Filter realisieren. Je heller der Tag wird, desto stärkere Graufilter muss man verwenden. Ein Stativ ist für solche Aufnahmen in jedem Fall notwendig.

Variante 2:
Das Gegenstück zu der eher künstlerischen Darstellung mittels Langzeitbelichtung ist das "einfrieren" der Bewegung. Hiermit gelingt es mir, die feinsten Details der Nebelbewegung festzuhalten. Speziell dabei sind die kleinen Wellen, die sich in der grossen Welle bilden. Diese gehen in Langzeitbelichtungen immer verloren. Um diese Bewegung einzufrieren gibt es keine minimale Verschlusszeit, denn diese hängt immer mit der Fliessgeschwindigkeit der Nebelwelle zusammen. An diesem Tag lag die Grenze bei etwa 1/5 Sekunde. Da ich das ganz besondere Farbenspiel der Morgendämmerung einfangen wollte, war ich gezwungen die ISO recht in die Höhe zu schrauben. Je heller es wird, desto einfacher lassen sich diese Aufnahmen auch freihand realisieren.

Ich hoffe sehr, dass dir dieser Beitrag gefallen hat und ich dir damit eine kleine Hilfe für die Suche nach der "perfekten Welle" geben konnte. Nebelwellen sind für mich wirklich etwas vom Allerschönsten in den kalten Monaten und sie werden häufig von weiteren spannenden Naturphänomenen wie z.B. Raureif begleitet. Dazu folgt dann zu einem späteren Zeitpunkt ein eigener Blogbeitrag, stay tuned...
Liebe Grüsse,
Lukas
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