Regenbogen sind ein faszinierendes Schauspiel und Boten von wildem Wetter. In Mitteleuropa sind sie typisch in den Sommermonaten wenn Gewitter und Regenschauer über das Land ziehen. Im Norden Europas sieht das etwas anders aus ...
Natürlich sind auch hoch im Norden Regen und Sonnenlicht die Zutaten die es braucht für einen Regenbogen. Doch anders als zB in der Schweiz steht die Sonne nördlich des Polarkreises im Sommer dermassen hoch dass nur am Abend und in der Nacht Regenbogen entstehen können. Das stimmt jetzt nicht ganz, denn es geht auch untertags aber da müsste man auf einem Gipfel stehen um den Bogen unter sich zu erkennen. Wer jetzt denkt ich habe mich verschrieben mit Regenbogen bei Nacht, den kann ich beruhigen. Tatsächlich entstehen auch im Schein des Vollmondes Regenbogen. Selber habe ich das aber leider noch nicht erlebt.
Regenbogen folgen immer den physikalischen Gesetzen der Lichtbrechung und diese Tatsache bestimmt exakt wie gross und an welcher Stelle des Himmels dieses Phänomen entsteht.
Nachfolgend sind diese Gesetze kurz beschrieben
Wie : Ein Regenbogen entsteht immer dann wenn Sonnenlicht auf einen Regentropfen trifft, um genau zu sein auf ganz viele Regentropfen. Auf seinem Weg durch den Tropfen wird das Licht an dessen Rückseite reflektiert und mit einem Winkel von 42 Grad wieder aus dem Regentropfen entlassen. Durch diese Reflexion wird das vormals weisse Licht aber in seine Spektralfarben zerlegt. Das ist der Grund wieso wir am Ende die typischen Farben des Regenbogens sehen, von Blau über Grün ins Gelb bis hin zum Rot.
Wo & Wann : Ein Regenbogen entsteht natürlich immer dort wo Regen und Sonne aufeinander treffen. Abgesehen von diesen zufälligen Ereignissen hat der Regenbogen aber seinen festen Platz am Himmel. Denn ein solcher Bogen bildet sich stets rund um den Sonnengegenpunkt in einem Abstand von 42 Grad. Wo dieser Sonnengegenpunkt liegt, definiert der aktuelle Sonnenstand. So liegt dieser Punkt zum Beispiel exakt zum Sonnenuntergang am gegenüberliegenden Horizont und ein Regenbogen ragt viel höher in den Himmel als er es am späten Nachmittag tun würde.
Umgekehrt sieht es im Sommer um 12:00 aus. Sobald die Sonne höher als 42 Grad am Himmel steht, verschwindet der Sonnengegenpunkt und somit auch der Regenbogen komplett unter dem Horizont. Um in diesem Fall einen Regenbogen zu sehen müsste man entweder einen Berg erklimmen oder in einem Flugzeug sitzen. Gelingt einem dieses Kunstwerk so betrachtet man einen kompletten Regenkreis. Dazu weiter unten mehr.
Nebenbogen (sekundär Regenbogen) : Sie entstehen immer wenn das Sonnenlicht ein weiteres Mal reflektiert wird. Dieser zweite, meist sehr schwach leuchtende Bogen tritt in einem Winkel von 54 Grad auf und die Farben sind exakt in der umgekehrten Reihenfolge angeordnet. Der Grund weshalb man nicht immer einen Nebenbogen sieht liegt an der Intensität des eintreffenden Lichtes. Angenommen die Sonne scheint von einem wolkenlosen Horizont auf eine Regenfront, so ist mit aller Grösster Wahrscheinlichkeit ein stark leuchtender Regenbogen inklusive Nebenbogen zu sehen. Scheint die Sonne nun aber durch ein kleine Lücke in der Wolkendecke, so gelangt nur punktuell Licht auf den Regen und das mit verminderter Leuchtkraft. Das Resultat kann ein zerstückelter Regenbogen sein und mit grosser Wahrscheinlichkeit wird ein sekundärer Bogen fehlen.
Mit diesen Infos war ich also in Norwegen unterwegs und wann immer es das Wetter erlaubte hielt ich Ausschau nach dem farbigen Wunderwerk der Natur. Zu meiner Überraschung entpuppte sich der skandinavische Herbst 2022 als wahres Paradies für Regenbogen!
Viele Male durfte ich dermassen hell leuchtende Bogen sehen dass ich es kaum glaubte. Dazu gesellten sich auch noch früh morgendliche Erscheinungen wie auf dem unterstehenden Bild zu sehen.
Was ich an einem Regenbogen richtig verblüffend und faszinierend finde, ist die Abhängigkeit seiner Erscheinung vom Stand der Sonne. Nicht nur seine Ausdehnung am Himmel sondern auch die Leuchtkraft und Farbe hängt stark davon ab wo sich die Sonne aktuell befindet.
Wenn es sich ergibt dass rund um die goldene Stunde ein Regenbogen zu beobachten ist, unterscheidet sich sein Aussehen enorm von der Erscheinung in neutralem Licht. Die warmen Lichtstrahlen ziehen das Farbspektrum des Bogens in wunderbar weiche orange Töne und gefühlt steigert sich die Leuchtkraft um ein Vielfaches, da die Landschaft bereits im Dämmerlicht versinkt und harte Kontraste verschwinden.
Selbst wenn die Sonne nur durch eine ganz kleine Wolkenlücke blitzt entstehen grandiose Kunstwerke aus Teilstücken des Regenbogens.
Das beste was mir bisher jedoch vor die Linse oder besser gesagt vor die Drohne gekommen ist, ist ein kompletter Regenkreis.
Der Regenkreis ist nichts anderes als ein gewöhnlicher Regenbogen, einfach als geschlossener Kreis mit 84 Grad Durchmesser. Wie bereits oben erwähnt, muss man dafür hoch hinaus.
Denn sobald man genügend Abstand zwischen sich und den festen Untergrund bringt, befinden sich auch direkt unter einem genügend Wassertropfen die das Sonnenlicht reflektieren. Um das zu erreichen bedarf es mehrerer Faktoren. Zum einen sollte es genügend Regentropfen in der Luft haben und zum anderen muss die Sonne ausreichend Leuchtkraft zur Regenfront befördern. Sind diese zwei Bedingungen erfüllt, muss man nur noch auf dem richtigen Berg stehen, in einem Flieger sitzen oder genügend Mut haben um seine Drohne zu starten. Mut braucht es weil das kleine Fluggerät bei solchen Bedingungen zu 99% nass wird ;-)
Hat man es geschafft und steht man exakt an der richtigen Stelle eröffnet sich einem eine neue Welt! Die nachfolgende Grafik zeigt das Phänomen sehr schön auf. Danke an den Facebook Kommentar und die Skizze von Yuici Takata.
Nun was soll ich sagen, den Berg hatte ich nicht unter den Füssen da es zu nass und riskant war überhaupt auf einen Berg zu steigen, aber eine Drohne hatte ich im Gepäck. Die vielen Flüge in Island rund um den Vulkan haben mir gezeigt was eine Drohne aushält und so bin ich ohne zu zögern losgeflogen.
Schon das aller erste Bild dieses Beitrages ist kurz nach dem Start entstanden.
Je länger ich flog, desto mehr Regen zog aus den Bergen und die Sonne strahlte ohne Unterbruch auf die Regenwand. Nach und nach wuchs der Regenbogen und mittels drehen und schwenken der Drohne wurde mir die Dimension der ganzen Szene klar. Nach etwas Feinjustage hatte ich mein Traumbild visualisiert und began die Aufnahmen für das Panorama aufzunehmen. Es waren 4 Reihen aus jeweils 10 Bildern nötig um alles auf das Bild zu kriegen! Mit zitternden Händen, einerseits vom kalten Wind und Regen und andererseits wegen dem Wissen mit was für einem Bild sich die Drohne den weg zurück bahnt, landete ich sie sicher in meinen Händen.
Wenn man so ein Bild aufgenommen hat ist es unglaublich schwer es nicht gleich anzuschauen und zu testen ob die Software ein solch komplexes Bild überhaupt zusammenfügen kann. So verwundert es wohl kaum, dass ich am selben Tag gleich zwei Sicherungskopien anfertigte und damit began es grob zusammenzusetzen. Nach ersten Misserfolgen sollte es am Ende doch noch gelingen. Mein Tag oder besser gesagt die ganze Reise war ab diesem Tag ein voller Erfolg, auch wenn erst etwas mehr als die Hälfte vorbei war. Mir gelangen in den folgenden Wochen noch weitere Bilder von Regenkreisen, aber diese eine Aufnahme war das absolute Highlight für mich!
Und hier ist es, das beste Bild meiner bisherigen Karriere als Naturfotograf:
Mittlerweile wurde die Aufnahme von der NASA als Astronomy Picture of the Day (27.12.2022) veröffentlich und hat viele tausend Leute erreicht mit einem unglaublichen Feedback.
Danke an alle die mir gratuliert haben oder das Bild mit ihren Verwandten und Bekannten geteilt haben.
In den zweieinhalb Monaten entstanden noch viel weitere Bilder von Regenbogen die ich nach und nach in der Norwegen Galerie veröffentliche, reinschauen lohnt sich!
Wer gerne auf eine bewegte Reise durch Norwegen mitkommen möchte der findet auf Youtube mein Video Norwegen 4K
Herzlichen Dank hast du bis hierhin gelesen. Ich hoffe es waren einige spannende Einblicke in die Welt der Regenbogen dabei und die Bilder haben dir gefallen!
Liebe Grüsse, Lukas
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